Nach einem tödlichen Unfall durch eine Kuh beim Wandern mit Hund auf einer Almweide in Tirol und einem sehr harten Urteil gibt es Überlegungen, Hunde auf Almen komplett zu verbieten. Ich habe hier fünf Tipps, wie ihr euch verhalten solltet, damit ihr beim Zusammentreffen mit Kühen auf der Alm keine Probleme habt!
Hundehalter haben es meiner Meinung nach nicht mehr wirklich leicht in unserer Gesellschaft. Das mag zum Teil auch daran liegen, dass viele Hundehalter meinen, ihr Vierbeiner darf alles und jeder muss sich das gefallen lassen. Generell ist das Verhältnis zwischen Landwirt und Hundehaltern oft eher schwierig, weil zum Beispiel Wiesen kurz vor dem Mähen zusammengetrampelt oder mit Hundekot verschmutzt werden.
Der Graben zwischen diesen Parteien wurde noch tiefer, als das Innsbrucker Gericht 2019 einen österreichischen Landwirt verurteilte: Nach einer tödlichen Kuhattacke auf eine Wanderin muss der Bauer den Hinterbliebenen sehr hohen Schadensersatz und eine monatliche Rente zahlen. Die 45 Jahre alte Hundehalterin war im Tiroler Stubaital von der Kuhherde, die offenbar ihre Kälber vor dem mitgeführten Hund schützen wollte, zu Tode getrampelt worden. Jetzt sind die Almbauern allgemein verunsichert, denken darüber nach, Hunde auf ihren Almen komplett zu verbieten.
Dabei gingen Begegnungen zwischen Hund und Kühen wahrscheinlich glimpflicher aus, wenn sich jeder Wanderer mit Hund vorher informieren würde, wie er sich verhalten soll, falls er beim Wandern direkt auf eine Kuhherde trifft.
Ich selbst habe schon positive wie negative Erfahrungen gemacht: Ari und ich mussten vor den Rindern einer Jungstierherde hoch über Berchtesgaden schon mal die Beine und die vier Pfoten "in die Hand nehmen" und kamen gerade noch sicher hinter das Weidetor - allerdings hatte ich damals selbst noch keine Ahnung von den untenstehenden Tipps für Wanderer. Dann hat sich ein Kalb einmal in Ari verliebt und wollte am liebsten mit uns nach Hause wandern... Ari wars ziemlich unheimlich , wie ihr auf den Fotos seht, das Kalb fands cool, uns zu begleiten ;-)
Damit ihr von Anfang an besser vorbereitet seid, habe ich euch 5 Tipps zusammengefasst, die ihr unbedingt wissen müsst, um sicher Kühen auf Almweiden begegnen zu können:
1. Wichtigste Grundregeln auf Almwanderungen beim Treffen von Hund und Kuh:
Auf Almen ist es üblich, das Weidevieh frei laufen zu lassen. Manchmal muss der Wanderer deshalb auf einem Wanderweg die Weideflächen mit den Kühen queren. Ein Zusammentreffen zwischen Kühen und Hund kann gefährlich werden, bis hin zu tödlichen Unfällen. In der Regel sind Kühe aber friedliche Tiere. Deshalb solltet ihr auf diese wichtigsten Grundregeln achten:
- Nicht akribisch auf dem ausgeschilderten Wanderweg bleiben, wenn sich eine Rinderherde dort aufhält – lieber eine Herde großräumig umwandern und Abstand halten – auch abseits vom Weg.
- Wer ganz sicher gehen möchte: Weidesaison ist in der Regel Mitte Mai bis Mitte September (je nach Höhenlage der Weide), vorher und danach sind keine Tiere mehr auf der Alm.
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Kühe und Kälber nicht streicheln, keine Selfies mit ihnen schießen oder sie füttern. Nicht fixieren oder anderweitig reizen.
2. Richtiges Verhalten mit eurem Vierbeiner, wenn ihr auf eine Herde mit Kühen trefft:
Es gibt recht gute Ideen, wie ihr euren Hund handeln solltet, wenn ihr wirklich auf eine Kuh oder Rinderherden trefft. Dazu gehören diese richtigen Verhaltensweisen:
- Hunde sind in der Nähe von Almvieh (egal ob Schaf, Rind, Pferd oder Ziege) grundsätzlich anzuleinen und am besten an der kurzen Leine auf der der Herde abgewandten Seite und mit Abstand zu führen
- Hunde sollten der Herde nie zu nahe kommen oder diese jagen. Denn der Hund erfüllt für die Kuh das "Schema" eines potenziellen Feindes, insbesondere der Jungtiere, und wird aus diesen Gründen möglicherweise von den Muttertieren angegriffen, die ihre Kälber schützen wollen.
- Geht mit eurem Vierbeiner nicht mitten durch die Herde, sondern in einem Abstand von 30 bis 50 Metern an der Herde vorbei, umrundet sie am besten.
- Gut zu wissen: Kühe sehen schlecht. Nehmt euren Hund mitten in eure Wandergruppe, oder, wenn ihr alleine seid, ganz nah an eure Beine. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Kühe ihn zwischen euren Beinen gar nicht als Hund erkennen.
3. So erkennt ihr, ob die Rinder eher friedlich sind oder nicht:
Um zu erkennen, ob Kühe eher friedlich sind oder nicht, müsst ihr wissen, aus welchen Tieren die Herde besteht: Es gibt
- Mutterkuhherden: Diese bestehen aus Muttertieren und ihren Kälbern (die auch schon ganz schön groß sein können). Hier stehen die Verteidigung der Kälber durch die Mutterkuh und die Neugierde der Jungtiere im Vordergrund. In der Region meines Wanderführers (Chiemgau Berchtesgaden und Salzburger Land) gibt es eher selten Mutterkuhhaltung, was Begegnungen mit Rindern etwas weniger „gefährlich“ macht
- Jungtierherden: Diese "Halbwüchsigen" sind neugierig, übermütig und strotzen vor Bewegungsdrang und können mit ihrer Ungestümheit und Neugier auch gefährlich werden - wie in unserem Fall mit den galoppierenden Jungstieren
- Milchkuhherde: Diese bestehen aus Kühen, welche regelmäßig gemolken werden. Ein enger Kontakt mit den Betreuungspersonen ist hier vorhanden. Diese Herden verhalten sich am ruhigsten; sollten jedoch auch männliche, erwachsene Tiere in der Herde sein, ist besondere Vorsicht geboten.
Wenn die Kühe liegen, wiederkäuen und euch nicht beachten, droht kaum Gefahr. Wenn die Rinder Unruhe zeigen, aufstehen, euch und euren Hund fixieren, den Kopf heben und senken oder sogar etwas in die Knie gehen und schnauben solltet ihr unbedingt sofort reagieren, mehr Abstand halten und lieber einen Umweg in Kauf nehmen. Die Tiere gehen vor einem Angriff meist ein paar langsame Schritte in Richtung ihres Zieles, bevor sie loslaufen.
4. Das solltet ihr tun, wenn die Rindviecher dennoch angreifen:
Nur im Notfall, also wenn die Herde schon einen Angriff startet, sollte der Wanderer den Hund ableinen. Der Hund ist im Gegensatz zum Menschen im Normalfall schnell bzw. wendig genug, um Angriffen einer Kuh auszuweichen und kann so die Gefahr von den Wanderern abwenden.
- Damit das schnell geht, sollte man die Leine des treuen Begleiters nicht am Rucksack befestigt oder um den Bauch gebunden haben. Besser ist es, die Leine in der Hand zu halten und jederzeit bereit zu sein, sie loszulassen oder den Leinenkarabiner aufzuklicken und den Hund davon zu schicken.
Sollte es trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen zu gefährlichen Situationen kommen, so empfiehlt es sich, Ruhe zu bewahren, nicht davonzulaufen und, wenn möglich, mit einem gehobenen Wanderstock oder Ähnlichem Drohgebärden zu machen oder auf die Nase zu schlagen. Auch laute Zurufe können aggressive Rinder zum Umkehren bewegen.
Im Fall des Falles ist der konsequente und langsame Rückzug aus der Gefahrenzone, ohne den Tieren dabei den Rücken zuzukehren, der einzig richtige Weg, um eine gefährliche Begegnung mit Weiderindern unverletzt zu überstehen.
5. Offizielle Downloads zum Thema "Begegnungen mit Kühen auf der Alm"
Allgemeine, offizielle Infos und Downloads zum Verhalten auf der Alm und Begegnungen mit Kühen und mehrere Videos dazu gibt es auf dieser Seite der Landwirtschaftskammer Tirol. Die Tipps gelten natürlich auch in Berchtesgaden, Chiemgau oder egal wo ihr wandern geht und auf Kühe trefft:
Direkter Download Flyer als PDF:
- Ratgeber "Eine Alm ist kein Streichelzoo" der Landwirtschaftskammer Tirol in verschiedenen Sprachen mit coolen Comics
So verhält man sich mit Hund richtig
So verält man sich Rindern gegenüber
Die Videos stammen von der Landwirtschaftskammer Tirol.
Zusatz-Info: Warum Bauern ihre Rinder nicht einfach überall einzäunen
"Eine verpflichtende Einzäunung wäre den Bergbauern finanziell nicht zumutbar und brächte vielerorts das Ende der Weidewirtschaft", meinte der Präsident der Landwirtschaftskammer, Josef Moosbrugger, in einem Interview. Denn die Almweiden bestehen meist aus großflächigen, teils unzugänglichen Arealen. Zudem kommt die Witterung: Stromzäune, teils auch Holzzäune, werden zum Beispiel durch Schnee niedergedrückt. Das Halten von Rindern auf der Alm tragen übrigens zum Lawinen- und Landschaftsschutz bei.
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Almöhi (Montag, 04 März 2019 10:50)
Hunde sind im Berg generell anzuleinen nicht nur wenn man auf eine Kuhherde trifft, der Hund hat einen natürlichen Jagdinstinkt "Viele sagen: Mein Hund wildert nicht", beschreibt Klaus Röther vom Landesjagdverband die Situation. Die Wirklichkeit sehe aber anders aus: "Wittert ein Hund ein Reh, rennt er hinterher."
Es werden vom Gesetzgeber Rechte zum Schutz des Wildes eingeräumt, die je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet und teilweise umstritten sind. Während in Niederösterreich Jäger verpflichtet sind, wildernde Hunde zu töten, ist die Jägerschaft in den übrigen
Ländern unter bestimmten Voraussetzungen lediglich dazu berechtigt. Keineswegs erlaubt ist österreichweit das Töten von gekennzeichneten Gebrauchshunden, wie z. B. Blindenhunde oder Hunde der Polizei, sowie das Töten von Hunden, die sich noch nicht dem Einwirkungsbereich ihres Halters entzogen haben. Das bloße Freilaufen des Vierbeiners berechtigt den Jäger nicht zum Schuss, vielmehr muss eine Gefährdung des Wildes gegeben sein. Im Burgenland und in Niederösterreich ist diese Gefährdung bereits durch alleiniges Umherstreifen im Jagdgebiet gegeben, in Wien muss sich der jagende Hund außer Rufund Sichtweite seines Halters befinden. Wollen Sie mit Ihrem Vierbeiner einen Spaziergang in Kärnten machen, achten Sie besonders darauf, dass sich Ihr Hund beim Spielen nicht zu weit von Ihnen entfernt. Bei einer die Flucht des Wildes stellt ein streunender Vierbeiner bereist eine potenzielle Gefahr für den Wildbestand dar.
Andrea Obele von mein-wanderhund (Montag, 04 März 2019 14:19)
Hallo Almöhi, so ganz kann ich da nicht zustimmen, mein Hund zum Beispiel dreht um, wenn er ein Reh sieht, und läuft zu mir - mehfrach praxiserprobt, sogar als direkt vor seiner Nase ein Reh auftauchte und davonlief! Von klein auf richtig konditioniert, weil er auch beim Reiten mitläuft und mir das wichtig war - und er hat wohl auch wenig Jagdinstinkt im Blut. Deshalb darf er, wo es erlaubt ist, frei laufen - wobei er sich nicht weiter als ein paar Meter und vor allem nicht vom Weg weg entfernen darf...
LG Andrea
Almöhi (Montag, 04 März 2019 15:23)
Hallo Andrea Obele, schön zu hören dass dein Hund so gut trainiert ist leider ist das wie zahlreiche vorfälle zeigen eher selten der fall, da das wie du schon sagtest von kleinauf antrainiert weden muss da reicht halt das normale sitz platz usw aus der Hundeschule nicht aus ...
https://www.tt.com/panorama/gesellschaft/11382157/von-jaegern-und-gejagten
.... Man schätzt, dass es jährlich rund 100 Fälle allein in Tirol gibt, in denen Hunde Rehe wildern. Die Dunkelziffer dahinter sei schwer einzuschätzen ....
Stefankausb (Mittwoch, 12 Juni 2019 17:00)
Hallo Almöhi, natürlich sollte man seinen Hund im Griff haben. Aber einen kurzen Blick in die Statistik zeigt mir, dass in Tirol im Jahre 2015-16 rund 30.000 Haarwild von den Herren in Grün geschossen wurde. Auch da mag es noch eine Dunkelziffer geben. ;)
Irgendwie erscheinen mir die 100 Fälle in den Hunde Rehe gejagt hatten, dann nicht mehr ganz so dramatisch.
https://www.tjv.at/wp-content/uploads/2016/11/Jagdstatistik-2015-16.pdf
Zorro (Samstag, 21 September 2019 21:37)
Ich muss dem Almöhi auch klar wieder sprechen. Unser Hund hat Null Jagtinstinkt und hat in 11 Jahren noch nie Steinwild in den Bergen gejagt. Rehe kommen bei uns in den Schweizer Bergen eher selten vor. Warum soll ein, auf einer anstrengenden Bergwanderung gut ausgelasteter Goldenretriver jagen gehen? Der ist genügend mit sich selber beschäftigt und verpufft keine unnötige Energie. Auf unseren vielen Wanderungen haben wir auch immer wieder Jäger angetroffen und hatten noch nie Probleme, obwohl unser Zorro fast immer frei läuft.
Carolin (Montag, 30 September 2019 13:18)
Tolle Tipps! Sollte sich jeder vorher einmal durchlesen. Werde ich in unserem nächsten Familienurlaub in Südtirol sicher nutzen können :)