Hund am Berg: Rettet die Bergwacht meinen Vierbeiner?

Bergwacht rettet Hund
Die Bergwacht Berchtesgaden bei der Rettung eines Border Collies aus einer Randkluft. Foto: BRK Berchtesgaden

Notfall beim Wandern mit Hund: Der Vierbeiner ist verletzt oder abgestürzt, selbst kann man ihn nicht retten. Hilft die Bergwacht oder nicht?

Habt ihr euch die Frage nicht auch schon oft gestellt, was eigentlich passiert, wenn ...

 

... sich der Hund die Pfote bricht, in einem Felsen stecken bleibt, abstürzt oder in einem ganz anderen Horrorszenario landet, aus dem man ihn selbst nicht mehr retten kann?

 

Ich habe bei dem Presseprecher der Bergwacht Chiemgau, die für den Bereich vom nördlichen Alpenvorland bis in die Berchtesgadener Alpen zuständig ist, nachgefragt. Marcus Goebel hat sich viel Zeit genommen, ausführlich zu antworten, wie so eine Bergrettung eines Vierbeiners vor sich geht und was man beachten muss:

Wann rettet die Bergwacht einen Hund aus „Bergnot“?

Für die Rettung eines Hundes aus Bergnot müssen bei den Bergrettern entsprechende Kapazitäten der zuständigen Bergwacht vorhanden sein, und die Rettung muss für die Bergretter ohne besondere Risiken sein. In allen Rettungsorganisationen hat die Minimierung der Eigengefährdung der Rettungskräfte oberste Priorität. Grundsätzlich werden auch Tiere gerettet, sofern die Eigengefährdung der Bergretter hierbei für jeden einzelnen Bergretter vertretbar ist. In Anbetracht der begrenzten Kapazitäten bei der Bergrettung hat die Rettung von Menschenleben stets Vorrang.

Wie sieht die Rettung eines Hundes am Berg praktisch aus?

Sofern bei Alarmierung bekannt ist, dass auch Hunde zu retten sind, werden gezielt die Lawinenhundeführer der Bergwachten bei diesen Einsätzen hinzugezogen. Die Lawinenhundeführer haben für ihre eigenen Lawinen- und Suchhunde spezielle Fluggeschirre und Maulkörbe die sie bei den Einsätzen verwenden. Diese Ausrüstungsgegenstände werden dann natürlich für zu rettende Hunde verwendet. Derartige Einsätze werden normalerweise auch ausschließlich von Hundeführern der Bergwacht durchgeführt, da sie sich am besten mit den Vierbeinern auskennen.

Wer übernimmt die Kosten für die Berg-Rettung eines Hundes?

Die Kosten für die Rettung eines Hundes hat grundsätzlich immer der Hundehalter zu tragen. Sofern dieser eine Bergekostenversicherung abgeschlossen hat, können diese an die Versicherung weitergereicht werden.

Wie teuer ist die Rettung/Bergung eines Hundes aus dem Gebirge?

Die Rettung von Hunden fällt abrechnungstechnisch unter die Kategorie Sachbergung. Grundsätzlich gibt es keine Unterscheidung zwischen einer Sachbergung und einer Rettung von Menschen. Die Dringlichkeitsstufe bei Menschen wird nur wesentlich höher angesetzt. Auch für Sachbergung gibt es je nach Aufwand Pauschalen von Euro 240 bis Euro 960. Sobald die Anzahl von 50 Einsatzkraftstunden überschritten wird, wird jede darüberhinausgehende Stunde zusätzlich mit zehn Euro pro Stunde verrechnet.

 

Bei der Verrechnung von Einsätzen, ganz gleich welcher Art, handelt es sich ausschließlich um die Finanzierung der Bergwacht als solches. Die Einsatzkräfte arbeiten allesamt ehrenamtlich 24 Stunden, 365 Tage. So gibt es auch bei der Bergwacht kein „wir wollen nicht“ sondern ausschließlich ein „es geht aus objektiven Gründen nicht“.

 

Sobald ein Hubschrauber bei der Aktion hinzugezogen wird verrechnet der Hubschrauberbetreiber jede Flugminute an den Hundehalter. Die Flugminuten reichen hierbei von ca. 40 Euro je Minute bis über 90 Euro je Minute. Berechnet werden hierbei nicht nur die reinen Bergezeiten sondern auch Anflug, Abflug und Suchflug. Eine Stunde an Flugzeit kommt da relativ schnell zusammen.

 

Einen Flyer der Bergwacht über die Kosten gibt es unter diesem Download-Link.

Wie soll sich das Herrli verhalten, wenn sein Hund abgestürzt ist?

Direkter Ansprechpartner für eine Hunderettung wäre die örtlich zuständige Bergwacht. Nachdem die Hundehalter in der Regel hierfür keine Kontaktdaten haben, kann Unterstützung über die Integrierte Leitstelle angefordert werden (Notruf 112). Diese alarmiert den Einsatzleiter der zuständigen Bergwacht, der dann je nach Einsatzaufkommen über das weitere Vorgehen zur Hunderettung entscheidet. Sofern ein Hund abgestürzt ist, sollte der Hundehalter immer eine mögliche Eigengefährdung ausschließen um, bei dem Versuch an sein Tier zu gelangen, nicht selbst Schaden zu erleiden.

Besitzer verletzt, Hund unverletzt: wie ist da das Vorgehen der Bergwacht?

Sowohl Begleitpersonen als auch Begleittiere werden im Falle einer Verletzung eines Bergsteiger regelmäßig mit gerettet. Inwieweit für diese Rettung zusätzliche Kosten anfallen, ist einzelfallabhängig. Je nach Aufwand dieser zweiten Rettungsaktion fallen die normalen Rettungskosten an oder sind mit der Rettung des verunfallten Bergsteiger bereits abgegolten. Eine allgemeingültige Aussage über die Abrechnung kann hier nicht getätigt werden. Im Zweifelsfalle sollte hier mit zusätzlichen Kosten gerechnet werden.

Besitzer gerettet, Hund läuft vor Aufregung davon: Was ist dann?

Ganz gleich ob der Hundehalter verletzt ist und von der Bergwacht gerettet wird oder ob der Hund eines unverletzten Hundehalters entkommt, so ist der Hundehalter und dessen Angehörige/Freunde grundsätzlich angehalten das Tier selbst zu suchen. Auch hier kann die örtlich zuständige Bergwacht bei der Suche um Unterstützung gebeten werden. Dies wirft jedoch die oben genannten Kosten auf.

Im schlimmsten Fall: wenn der Hund nur noch tot geborgen werden kann ...

Bei toten Tieren ist mir nur der Fall von Weidevieh bekannt, das im Auftrag des Landratsamtes geborgen wird. Hier kann die Bergwacht einsatzführend oder auch nur unterstützend tätig sein. Die Kosten dieser Bergeaktion muss jedenfalls der Halter tragen.

Sind Ihrem Team Beispiele von Tierrettungen in Erinnerung?

Zur Rettung von Tieren kommt es nur sehr selten, mir ist ein Fall vor einigen Jahren bekannt, bei dem sich ein Bergsteiger im März beim Aufstieg zur Schlegelmulde über die Spechtenköpfe verstiegen hat und in unwegsamen Gelände nicht mehr weiter kam. Hier wurde neben dem Bergsteiger auch sein Hund durch einen unserer Lawinenhundeführer gerettet.


Ein weiterer Fall war, bei dem ein Hund am Fuderheuberg tödlich abgestürzt ist. Hier wurde vom Hundehalter ein ihm bekannter Bergretter alarmiert, der seinerseits weitere Kameraden zur Bergung des Tieres mobilisierte. Dies ist im Rahmen der persönlichen Bekanntschaft erfolgt.

Welche Gründe gibt es aus Ihrer Sicht für verunglückte Vierbeiner?

Nach meinen Erkenntnissen handelt es sich in der Regel um Unaufmerksamkeit der Hundebesitzer, die ihre Hunde nicht an der Leine führen. Gerade im Gebirge ist sehr viel Wild unterwegs, das, aufgescheucht durch die Wanderer, flüchtet. Mancher Hund setzt, seinem Instinkt folgend, dem Wildhinterher. Dass es hierbei zu Unfällen der Hunde, bis hin zu Abstürzen, kommt, ist nicht auszuschließen.

Steigt die Anzahl von "tierischen" Rettungen im Gebirge?

Mit den allgemein steigenden Einsatzzahlen der Bergwacht gibt es auch immer wieder die Bergung oder Rettung von Hunden, eine signifikante Erhöhung können wir jedoch nicht feststellen. Gerade wenn im Zuge der „Nachbarschaftshilfe“ Tiere von Freunden und Bekannten des Hundehalters gerettet oder geborgen werden, erhalten wir hierüber keine Fallzahlen.

 

In der Regel dürfte es wohl in den meisten Fällen auf die „Nachbarschaftshilfe“ hinauslaufen. Wir hatten vor einigen Jahren einmal die Anfrage eines Hundehalters zur Suche seines Vierbeiner, nachdem er auf die möglichen Kosten einer Suche durch die Bergwacht hingewiesen wurde, hat von unserer Unterstützung jedoch abgesehen.

 

+++ AKTUALISIERUNG +++

Im Jahr 2018 hat allein die Bergwacht Chiemgau zehn Hunde aus "Bergnot" gerettet - soviele wie noch nie zuvor in einem Jahr. Siehe auch diesen Blogbeitrag über die Rettung des Rüden Zorro

Gab es Fälle, bei denen andere Tiere von der Bergwacht gerettet wurden?

Mir ist ein Fall an der Fellhornbahn bekannt, bei dem eine Kuh aus unwegsamen Gelände unterhalb der Bahn mithilfe der Kabinenbahn gerettet wurde. Ich kann mich jedoch nur noch an das spektakuläre Bild erinnern, bei dem die Kuh in einem speziellen Tragegeschirr, das die Feuerwehr für solche Rettungen einsetzt, unterhalb der Kabine der Fellhornbahn hing.

 

Danke für das lange Interview! :-)

Erfolgreiche Hunde-Rettungen durch die Bergwacht

Kommentar schreiben

Kommentare: 0